Nachruf auf Rahel Dror
Montag, 16.12.24
Ich kann mich noch gut an Frau Drors ersten Besuch am Hölderlin-Gymnasium erinnern. Damals, im Jahr 2010, war ich noch Referendar und schwer beeindruckt von dieser rüstigen, 89jährigen Frau, die mir mühelos in den 4. Stock folgte und über gut 90 Minuten frei ihren Vortrag hielt, sowie Fragen der Schülerinnen und Schüler beantwortete.
Über ein gutes Jahrzehnt hinweg kam Frau Dror dann regelmäßig zu uns an die Schule und berichtete ganzen Schülergenerationen von den eigenen Erfahrungen während der NS-Diktatur und vom Schicksal ihrer Eltern, die beide in Ausschwitz ermordet wurden. Und jedes Mal war ich davon beeindruckt, wie sie es schaffte, die anwesenden Jugendlichen in ihren Bann zu ziehen, wie sie ihr aufmerksam zuhörten und tatsächlich für eine gute Schulstunde jedes Privatgespräch einfach für später aufsparten...
"Als Überlebende ist es meine Pflicht, Menschen zu sagen, wie es wirklich passiert ist", pflegte sie immer zu sagen und ließ alle Anwesenden zugleich wissen, dass sie nicht urteilen wollte, sondern Brücken bauen für eine bessere Zukunft, in der sich solche Dinge nie wieder wiederholen können sollten: "Sie sind nicht schuld daran, was damals passiert ist, aber Sie leben heute und sind verantwortlich für die Zukunft und wenn Sie heute merken, dass irgend jemand, egal wie er aussieht, ob schwarz, braun, behindert, nichtbehindert, evangelisch, katholisch, jüdisch, muslimisch, irgendetwas passiert, dann holen Sie Hilfe, wenn Sie selber nicht helfen können!"
Wer Frau Dror gekannt oder sie auch nur einmal auf einem ihrer Vorträge erlebt hat wird wissen was ich meine, wenn ich sage, "sie war eine Inspiration: immer voller Lebensmut, Tatendrang und Energie und dabei bis ins hohe Alter hinein offen für Neues."
Am Samstag ist Frau Dror nun im Alter von 103 Jahren friedlich eingeschlafen.
Einen ausführlichen Nachruf auf Frau Dror können Sie hier lesen: "Brücken der Verständigung".
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